Gorilla- und Schimpansenfotografie in Uganda
Ich hatte schon länger die Fotografie von Berggorillas ins Auge gefasst. Eine rein individuelle Reise ohne Hilfestellung vor Ort erschien mir nicht sinnvoll und so habe ich in den letzten Jahren insbesondere nach „Fototouren“ geschaut. Dabei sind mir nur Angebote von professionellen, meist englischsprachigen Naturfotografen aufgefallen, die von ihnen selbst geleitete Workshops anboten. Die in diesem Zusammenhang gezeigten Bilder waren zwar erstklassig, wegen der Vorgaben durch die Nationalparkverwaltungen kann es „vor Ort“ aber auch keine besseren Bedingungen geben als für jeden anderen „Gorilla-Touristen“. Allerdings verteuert eine solche Begleitung die Reise nicht unerheblich. Nachdem Ruanda im Sommer den Preis für einen Besuch der Berggorillas im Parc National des Volcans von 500 US-$ auf 750 US-$ erhöht hatte, habe ich mich dann ziemlich spontan entschlossen, einfach eine pauschale zweiwöchige Uganda-Reise des deutschen Naturreise-Anbieters „Planeta Verde“ mitzumachen, begleitet durch einen ugandischen Reiseleiter und Fahrer. Das Programm sah zwei Besuche bei Berggorillas und immerhin drei bei wild lebenden Schimpansen vor. Daneben sollten noch andere Naturziele angefahren werden.Eine einzige Reise bringt natürlich keine umfassenden Erkenntnisse über die bestehenden Möglichkeiten. Aber vielleicht sind einige persönliche Eindrücke trotzdem hilfreich für diejenigen, die ebenfalls entsprechende Reisepläne hegen.
Die Reise fand in den ersten beiden Dezemberwochen 2012 statt. Bis zu sechs Leute hätten daran teilnehmen können, nach der kurzfristigen Absage eines Interessenten waren wir aber nur zu Dritt. Mit dem Dezember beginnt die bis Ende Februar andauernde Trockenzeit. Der sollte diesmal aber eine sehr ausgiebige Regenzeit vorausgegangen sein, was u.a. das Ausreifen verschiedener Früchte im Regenwald stark verzögert bzw. verhindert hatte. Auch während unserer Reise hat es noch einige Male geregnet, teilweise sehr heftig, zum Glück aber nie während der Tracking-Touren. Mücken oder andere Blutsauger waren kaum vorhanden. Für die Touren zu den Gorillas werden Bergschuhe und Gamaschen empfohlen, letztere insbesondere um Ameisen von den Beinen fernzuhalten. Dies erwies sich aber als unproblematisch, es reichte aus, die Hosenbeine in die Socken zu stecken.
Berggorillas
Beide Gorilla-Trackings fanden im Bwindi Impenetrable NP statt, das erste im Süden des Parks im Nkuringo-Distrikt.Viertel vor acht fuhren wir von unserer Unterkunft, dem Nshongi Gorilla Resort, nur ein kurzes Stück mit dem Auto bis zum Startpunkt auf ca. 2000 m Meereshöhe. Drei verschiedene, an Menschen gewöhnte Gorillafamilien können hier besucht werden mit bis zu acht Touristen je Familie. Aber es war offensichtlich noch Nebensaison - was man auch an der schwachen Belegung aller unserer Unterkünfte merken konnte -, außer uns war nur noch eine weitere Besuchergruppe dort. Zunächst wurde unsere Identität geprüft und mit der vorher für jeden ausgestellten Besuchserlaubnis verglichen. Danach gab es eine Einweisung über den weiteren Ablauf und die Verhaltensregeln bei den Gorillas.
Wir hatten die Nshongi-Familie „gebucht“ und um viertel vor neun ging es dann zu Dritt los. Begleitet wurden wir von einem Ranger als Führer, einem weiteren mit einem Schnellfeuergewehr - für den Fall der Begegnung mit gefährlichen Tieren wie Elefanten oder Büffeln - und drei Trägern, die unsere persönlichen Rucksäcke mit Regenzeug, Wasser und einem Lunchpaket trugen (15US-$ pro Träger). Zunächst liefen wir auf einem breiteren Waldweg, der sich später zu einem immer noch gut begehbaren Pfad verengte. Dieser führte an einer recht steilen Bergflanke entlang, ohne dass schwierige Auf- oder Abstiege zu bewältigen gewesen wären. Zwischendurch wurde ab und zu angehalten, um Funkkontakt zu den vorausgegangen Trackern (= Fährtensuchern) aufzunehmen. Nach gut einer Stunde verließen wir auf einer Lichtung den Weg und gingen ein kurzes Stück auf einem Trampelpfad hangaufwärts. Ganz unvermittelt trafen wir dann auf die Tracker und zwei Veterinär-Doktoranden, die schon früher bei der Gorillagruppe eingetroffen waren. Man konnte noch nichts sehen, aber schon gut hören, dass sich nur wenig entfernt, etwas „Großes“ in der Nähe befinden musste.
Nach Ablegen der Wanderstöcke und Vorbereiten der Fotogeräte gingen wir dann mit dem Führer praktisch nur wenige Meter weiter und sahen auch schon den Kopf eines Silberrückens, der von der Sonne beschienen aus dichtem Pflanzenbewuchs herausragte - von Dutzenden von Fliegen dicht umschwirrt. Nach ein, zwei Minuten wechselte er den Standort - zum Glück ohne die Fliegen mitzunehmen - und setzte die Nahrungsaufnahme an einer schattigen, aber genauso dicht bewachsenen Stelle auf der Lichtung fort. Kurz darauf zog er sich in den angrenzenden Wald zurück, der etwas bessere Sichtbedingungen bot. Wir folgten ihm. Dann offenbarte sich aber auch das eigentliche Problem: Wir waren (kurz nach zehn Uhr) zu früh vor Ort!
Die Gorilla-Trackings finden immer nach dem gleichen Schema statt. Gegen acht Uhr Einweisung, gegen halb neun Beginn der Wanderung. Sobald die Gorilla-Familie erreicht ist, darf man sich unter Aufsicht des Führers eine Stunde bei ihnen aufhalten. Morgens widmen sich die Tiere der Nahrungsaufnahme und das bedeutet - zumindest hier im Bwindi - sie haben sich verteilt und befinden sich meist auf den Bäumen. Ab einer Stunde vor Mittag kann man damit rechnen, dass sie zu einer längeren Ruhephase auf dem Boden zusammenkommen.
Die Nshongi-Familie sollte 24 Mitglieder haben, hat sich aber wohl aufgespalten. Von unserer Gruppe mit neun Tieren haben wir nur vier gesehen, den Silberrücken und drei auf Bäumen in größerer Entfernung. Der Silberrücken blieb noch eine Zeitlang auf dem Boden und ging einmal in nur zwei Metern Entfernung an mir vorbei. Er war aber kaum je frei von störendem Blattwerk. Dann kletterte auch er auf einen der Urwaldriesen und setzte seine Nahrungssuche mindestens dreißig Meter über unseren Köpfen bis zum Ende unserer „Besuchszeit“ fort.
Unser Rückweg dauerte nur knapp eine Dreiviertelstunde, vor Mittag waren wir wieder am Ausgangspunkt angekommen.
Startpunkt des zweiten Trackings war das Parkhauptquartier im Norden bei Buhoma. Auch hier gibt es drei Gorilla-Familien, die von jeweils acht Touristen besucht werden können. Wie schon zwei Tage zuvor, waren aber längst nicht so viele da. Alle Besuchsgenehmigungen waren angeblich verkauft, die Leute aber nicht gekommen.
Die zu besuchende Gruppe wird schon bei der Ausstellung dieser Erlaubnis festgelegt, in unserem Fall wäre das „Mubare“ gewesen, die aus 7 Mitgliedern bestand. Unser stets gut vernetzter ugandischer Reiseleiter hatte aber in Erfahrung gebracht, dass sich die Tiere besonders weit entfernt aufhielten - in den Tagen zuvor war eine Besuchergruppe erst abends bei Sonnenuntergang wieder zurückgekommen. Das Angebot, auf die mit wesentlich weniger Aufwand zu erreichende und auch kopfstärkere Habinyanja-Familie „umzubuchen“, haben wir dann gerne angenommen.
Nach Luftlinie war deren aktueller Standort zwar nur 10 km entfernt. Die zwei anderen Teilnehmer und wir mussten allerdings zunächst mit dem Auto eine gute Dreiviertelstunde lang 22 km zu einem in der Nähe liegenden Dorf fahren. Der begleitende Ranger fuhr mit, Träger, die wir auch diesmal wieder engagierten, warteten vor Ort.
Viertel vor zehn auf 1.600 m Meereshöhe begann das Tracking - insgesamt fünf Touristen, ein Ranger als Führer, drei Träger und diesmal sogar zwei Begleiter mit Schnellfeuergewehren. Unser Weg führte uns zunächst zwei Kilometer durch Kulturland, dann auf einem schmalen Trampelpfad durch den Wald, über eine dicht bewachsene Lichtung und letztlich wieder in den dichten, weg- und pfadlosen Wald zurück. Teilweise ging es steil bergab auf rutschigem Untergrund. Wir mussten kleinere Bäche überqueren und zahlreichen Stolperfallen aus Ranken und Wurzeln ausweichen. Eine gewisse Trittsicherheit war schon notwendig. Gelegentlich gab es eine kurze Pause zwecks Funkkontakt mit den vorausgegangenen Trackern.
Gegen elf Uhr hatten wir die Gorillas erreicht. Wie schon kurz vorher über Funk angekündigt, hatten sie die Bäume verlassen und sich auf den Boden begeben. Das Gelände war nur leicht abfallend, die Bäume etwas niedriger als in der Umgebung und die Baumkronen auch nicht so lichtundurchlässig.
In Anwesenheit der Gorillas muss die Besuchergruppe zusammen bleiben und darf sich nicht über das Gelände verteilen. Aber die Ranger wussten, was wir und sicher auch alle anderen Besucher vor uns wollten, und bemühten sich, uns einen möglichst ungehinderten Blick auf die Tiere zu ermöglichen. Nach offiziellen Angaben besteht die Habinyanja-Gruppe aus 17 Mitgliedern. Insgesamt waren hier jedoch nur neun verschiedene Tiere zu sehen, darunter auch der Silberrücken und eine Mutter mit Baby. Angesichts des dichten Unterwuchses gelang es mir aber nicht, einen Gorilla halbwegs frei auf dem Boden abzulichten. Die Gruppe zog langsam den flachen Hang hinab auf einen kleinen, nur hundert Meter entfernten Fluss zu. Es ergaben sich mehrere Fotogelegenheiten bei einem Weibchen und bei jüngeren Tieren, die weiter mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt waren und niedrig, teilweise in Augenhöhe in den Bäumen saßen. Zum Ende unserer einstündigen Besuchszeit gegen zwölf Uhr waren dann alle über den Fluss weiter gezogen.
Es ging auf dem gleichen Weg zurück, auf dem wir gekommen waren. Unterbrochen von einer kurzen Mittagspause waren wir um halb zwei wieder am Auto.
Bei beiden Trackings war es sonnig. Die Temperaturen bewegten sich im Bereich von 18°C am Morgen und 28°C gegen Mittag. Eine Jacke war nicht notwendig, es war aber sinnvoll ein langarmiges Hemd zu tragen, um sich gegen Brennhaare und kleinere Dornen zu schützen. Aus dem gleichen Grund sind robuste Handschuhe empfehlenswert, denn man muss öfter mal nach ästen und Zweigen greifen, um sich festzuhalten.
Bei den Gorillas selbst habe ich nur ein Zoom 2,8/70 - 200 mm mit Bildstabilisator an einer Vollformat-DSLR verwendet. Man muss ohnehin einen Abstand von sieben Metern einhalten. Eine kürzere Brennweite wäre nur für Übersichtsaufnahmen mehrerer Tiere erforderlich gewesen - wenn es denn die Situation zugelassen hätte.
Schimpansen
Schimpansen gibt es auch im Wald von Bwindi. Wir sahen dort ihre Schlafnester und von unseren Unterkünften aus konnte man abends ihre durchdringenden Rufe im nahen Wald hören. Es gibt dort aber keine an Besucher gewöhnte Gruppen.Dazu mussten wir zunächst zur Kyambura-Schlucht im Osten des Queen Elizabeth Nationalparks fahren. Hier hat der gleichnamige Fluss eine 16 km lange, 400 m breite und bis zu 100 m tiefe Schlucht in die umgebende Savanne gegraben. Diese ist dicht bewaldet und beherbergt eine durch die Lage isoliert lebende Schimpansen-Gruppe von ca. zwanzig Tieren.
Die „normalen“ Schimpansen-Trackings werden ebenfalls von Rangern der Nationalparkverwaltung durchgeführt, aber sie sind nicht so streng geregelt wie bei den Gorillas. Die Schimpansengruppen sind viel größer, mobiler und weiter über das Gebiet verteilt. Jede Besuchergruppe macht sich mit ihrem eigenen Führer auf die Suche. Es gibt keine vorausgehenden Tracker, aber die Ranger stehen untereinander in Funkkontakt. Der Aufenthalt bei den Schimpansen dauert auch eine Stunde. Wenn die Suche nach drei Stunden noch keinen Erfolg gehabt hat, wird sie abgebrochen - und das ist wohl nicht selten.
In Kyambura hatten wir jedoch Glück. Von der Rangerstation fuhren wir mit dem Auto in Begleitung unseres Führers vielleicht zwei oder drei Kilometer am Rand der Schlucht entlang bis zu einer Einstiegsstelle. Kaum ausgestiegen waren in unmittelbarer Nähe Rufe von Schimpansen zu hören. Teilweise im Laufschritt hasteten wir einen steilen und rutschigen Pfad hinunter, der offensichtlich durch Flusspferde auf dem Weg zur nächtlichen Nahrungsaufnahme offen gehalten wurde. Bereits auf halber Höhe stürmten laut schreiend zwei Schimpansen-Männchen vorbei, die ihre Kraft durch Umbiegen junger Bäume demonstrierten. Unten auf dem Grund der Schlucht, vielleicht 40 m tiefer gelegen als unser Einstieg, hielten sich einige Weibchen und jüngere Tiere in den Bäumen auf. Gelegentlich urinierten sie auf uns herab - was wir auch anderen Orts erlebt haben. Vielfach waren die Affen durch Blätter verdeckt und oft bewegten sie sich recht schnell durchs Astwerk. Es war schwierig, ihnen mit der Kamera zu folgen und auch die Verschlusszeiten waren dafür zu lang. Trotzdem ergaben sich einige brauchbare Möglichkeiten. Nach einiger Zeit hatte unserer Führer bemerkt, dass sich einige erwachsene Tiere zu einer Ruhepause auf den Boden gesetzt hatten. Wir folgten ihm ein Stück durch dichtes Unterholz hangaufwärts und - ohne sich im Mindesten an unserer Anwesenheit zu stören - saß dort ein älteres, beeindruckend stattliches Männchen. Er schaute uns kurz an, um dann gedankenverloren seinen Blick weiter in den Himmel zu richten.
Irgendwann näherte sich unsere Besuchszeit ihrem Ende und unserer Führer mahnte zum Aufbruch. Wir mussten nur den steilen Hang hinauf und waren - sehr zufrieden - wieder am Auto. Nach insgesamt anderthalb Stunden war die Exkursion schon vorbei. Durch das schnelle Auffinden der Schimpansen haben wir natürlich kaum etwas von der interessanten Schlucht und ihren anderen Bewohnern gesehen.
Unser nächstes Tracking - im Kibale Nationalpark - war aber noch von anderer Qualität. Neben dem „normalen“, kurzen Besuch (150 US-$) kann man dort an einem sog. „habituation experience“ teilnehmen (220 US-$). Idealerweise könnte man dabei die Schimpansen einen ganzen Tag lang begleiten, vom morgendlichen Verlassen der Schlafnester - zwischen halb sechs und halb sieben - bis zu deren Bau am Abend. Tatsächlich lief es dann folgendermaßen ab.
Am Vorabend trafen wir in unserer Unterkunft, der mitten im Park gelegenen Primate Lodge, unsere Führerin für den nächsten Tag, Harriet, die als Wildhüterin für die Nationalparkverwaltung arbeitet. Laut Harriet wäre es nicht auszuschließen, dass wir an dem vorgesehenen Startpunkt auf Waldelefanten treffen würden. Sicherheitshalber sollte unsere Exkursion deshalb erst um 6:15 Uhr beginnen. Beim Einschlafen wurden wir schon mal durch die nahen Rufe der Schimpansen entsprechend eingestimmt.
Am nächsten Morgen fuhren wir zur festgelegten Zeit erst zehn Minuten mit dem Auto von unserer Unterkunft über die „Hauptstraße“ und dann auf einer alten Forststraße, die wohl noch aus Zeiten früheren Holzeinschlags stammt. Das Beobachtungsgebiet liegt ca. 1.300 Meter hoch, es ist etwas wellig und weist nur geringe Höhenunterschiede auf.
Noch bei Dunkelheit - Sonnenaufgang war gegen sieben Uhr - gingen wir zu Viert in den Wald. Harriet hatte eine Taschenlampe und ein Schnellfeuergewehr dabei. Auf gefährliche Tiere trafen wir aber nicht. Lediglich eine Rotte Pinselohrschweine veranlasste unsere Führerin, ein Stück zurück zu gehen und die Suche auf einem anderen Trampelpfad fortzusetzen. Sie versuchte mehrfach von anderen Rangern per Funk Informationen über den Aufenthaltsort der Affen zu erhalten. Letztlich wiesen uns deren eindringliche Rufe nach gut einer halben Stunde Fußmarsch durch dichtes Unterholz den richtigen Weg.
Kibale beherbergt ca. 1.000 wild lebende Schimpansen. Die Gemeinschaft, in deren Revier wir uns aufhielten, hat ca. 100 Mitglieder.
Eine Viertelstunde nach Sonnenaufgang sahen wir dann Schimpansen in einiger Entfernung auf hohen Bäumen und kurz danach waren wir von zahlreichen Tieren auf dem Boden umringt, überwiegend erwachsene Weibchen und ältere Jungtiere. Zum Fotografieren war es noch viel zu dunkel und die Affen zogen auch kontinuierlich weiter. Harriet forderte uns auf ihr in anderer Richtung zu folgen. Ihr Ziel war es von vornherein, die Gruppe der älteren Männchen zu finden. Sie lassen sich am wenigstens von der Anwesenheit von Besuchern beeindrucken und halten sich ganz entspannt auf dem Boden auf.
Nach gut zwanzig Minuten hatten wir einige andere Schimpansen gefunden, die offensichtlich keine Anstalten machten, schon wieder weiterzuziehen. Von dieser Stelle haben wir uns bis zum Mittag höchsten um 250 Meter entfernt. Immer mehr Tiere kamen hinzu bzw. wurden für uns sichtbar und wir konnten verschiedenste Verhaltensweisen beobachten und z.T. auch fotografieren.
Ein jüngeres erwachsenes Männchen lag in niedriger Höhe entspannt auf einem Ast. Drei ältere Männchen setzten sich auf dem Boden zusammen und begannen mit gegenseitiger Fellpflege. Mit der Zeit kamen noch weitere hinzu. Später legten sie sich einfach zum Schlafen auf den Boden. Der Unterwuchs war so dicht, dass man ein paar Meter weiter entfernt einfach daran vorbei gelaufen wären, ohne sie zu bemerken. Wie viele Affen sich im näheren Umkreis aufhielten, wurde uns erst bewusst, als einer anfing zu rufen und die anderen in die Rufe einstimmten.
Ein Verhaltensforscher war schon vor Ort, als wir diese Tiere erreichten. Später kamen auch noch kurz hintereinander zwei kleinere Touristengruppen zu einem „Kurzbesuch“. Harriet hatte uns vorher gesagt, dass wir uns etwas zurückziehen sollten, wenn solche Besucher eintreffen würden. Da wir aber nur zu Dritt und die anderen Gruppen auch nicht sehr groß waren, kamen wir uns gegenseitig nicht in die Quere.
Die Ranger kennen und erkennen die einzelnen Tiere und können auch deren unmittelbares Verhalten ziemlich gut vorhersagen. Im weiteren Verlauf des Vormittags konnten wir eine Jagd auf Rote Colobus-Affen miterleben. So wusste aber Harriet von vornherein, dass diese von den Schimpansen nur halbherzig angegangen wurde und wohl nicht erfolgreich sein würde. Die Colobus, die auch Weibchen mit Jungen verteidigten, waren deutlich in der Überzahl. Trotzdem, die jagenden Schimpansen-Männchen sprangen mit lautem Geschrei durch die Baumkronen in der Hoffnung, einer der Colobus würde abstürzen, erwartet von anderen, die sich eher unauffällig und ruhig auf dem Boden aufhielten.
Nach Harriets Einschätzung hätte der Morgen der Männchen eigentlich anders beginnen sollen, nämlich mit einer längeren Futtersuche und danach erst mit einer anschließenden Ruhephase. Allerdings gab es ein paarungsbereites Weibchen, dessen Anwesenheit den gewöhnlichen Tagesverlauf etwas änderte. Schließlich kam es auch nicht weit von uns entfernt zur Paarung. Das Junge der Schimpansin drängte sich zwar dazwischen - aber vergeblich.
Gegen Mittag kam Ruhe in die Gruppe hinein. Die meisten hatten sich auf niedrige Bäume zurückgezogen, die Weibchen mit Jungen hatten dafür eigens Ruhenester aus Zweigen angefertigt. Etwas abseits davon haben wir dann auch Pause gemacht und unsere Lunchpakete gegessen in der Erwartung, es schon zu merken, wenn die Tiere wieder aktiv würden. Ein Trugschluss - plötzlich waren die Schimpansen weg.
Wir begannen erneut mit der Suche. In den folgenden zwei Stunden liefen wir zügig und ohne große Unterbrechung auf schmalen Waldwegen und Trampelpfaden größere Teile des Beobachtungsgebiets beiderseits der alten Forststraße ab, ohne jedoch irgendwelche Tiere zu entdecken.
Auch im Schatten des Waldes waren die Temperaturen noch schweißßtreibend genug. Jedenfalls entschieden wir uns, die Suche abzubrechen. Nachdem wir schon wieder einige Zeit in Richtung der Rangerstation bzw. unserer Unterkunft gelaufen waren, hörten wir dann noch in einiger Entfernung Rufe von Schimpansen. Aber die Motivation reichte nicht zur Umkehr. Halb vier waren wir wieder zurück.
Unser drittes Tracking fand im Budongo Forest statt, der im südwestlichen Teil des Murchinson Falls Nationalparks liegt und 600 Schimpansen beherbergt. Am Morgen holte uns ein Führer von unserer Unterkunft ab, der Budongo Ecolodge, die sich ebenfalls mitten im Wald befindet. Er gab sich redlich Mühe und verließ immer mal wieder den Weg, um nach Spuren zu suchen, leider ohne großen Erfolg. Funkkontakt zu anderen Rangern schien an irgendwelchen technischen Schwierigkeiten zu scheitern. Das Vorankommen war in dem relativ flachen Gebiet nicht schwierig. Ein breiter Bach war zu überqueren und zweimal trafen wir auf Ameisen, vor denen wir regelrecht flüchten mussten. Doch nach zweieinhalb Stunden vergeblicher Suche ging es langsam zurück. Kurz danach trafen wir auf einen anderen Besucher mit seinem Führer, die gerade einen jungen Schimpansen hoch oben in einem Baum entdeckt hatten - zu jung, um sich allein dort aufzuhalten. Mit einiger Mühe sahen wir noch ein erwachsenes Weibchen und ein jüngeres erwachsenes Männchen, das sich auf einem Ast ausruhte. Inzwischen hatte unser Führer per Funk die Information erhalten, dass der größte Teil der örtlichen Schimpansengruppe sich mehrere Kilometer entfernt aufhielt. Damit war die Suche beendet. Nach dreieinhalb Stunden erreichten wir wieder unsere Unterkunft.
Für die Fotografie der Schimpansen habe ich ganz überwiegend ein Zoom 4/200 - 400 mm benutzt sowie ein stabiles Carbon-Stativ. Ich bin von vornherein davon ausgegangen, dass sich diese in größerer Entfernung auf Bäumen aufhalten würden, dort dann aber unter besseren Lichtverhältnissen. Selten war der Einsatz eines 1,4-fach-Konverters angebracht. Aber auch wenn die Schimpansen in relativ kurzer Entfernung auf dem Boden saßen, waren 200 mm Brennweite oder mehr in der Regel sinnvoll. Durch den dichten Unterwuchs waren sie kaum einmal ganz frei und man musste sich auf mehr oder weniger enge Ausschnitte beschränken.
Fazit
Vor jedem Tracking wird man natürlich darauf hingewiesen, dass eine Sichtung nicht garantiert ist. Es ist aber doch eher unwahrscheinlich, dass man überhaupt keine Gorillas trifft. Eine Situation wie bei unserem ersten Tracking dürfte man mindestens erwarten können. Wenn man die vielen Fotos im Internet sieht, die bei solchen Gelegenheiten gemacht worden sind, erweckt das natürlich entsprechende Hoffnungen auf ebenso „kooperative“ Gorillas. Insbesondere hofft man doch, das Familienleben unserer nahen Verwandten etwas intensiver beobachten zu können. Wenn man sich mit den Leuten vor Ort unterhält, dann erzählen diese auch immer nur von beeindrucken Erlebnissen - Uninteressantes vergisst man ohnehin schnell. Insofern verlief unser zweites Tracking zwar nicht optimal, aber man muss wohl zufrieden sein, dass die Gorillas überhaupt auf dem Boden waren.Bei den „kurzen“ Schimpansen-Trackings kann man offensichtlich nicht sicher sein, die Affen auch tatsächlich anzutreffen bzw. gut beobachten zu können. Allerdings dürften die Chancen in Kibale wahrscheinlich am größten sein. Bei der Teilnahme an einem ganztägigen „habituation experience“ sollte die Wahrscheinlichkeit aber sehr stark steigen, nicht nur für eine bloße Sichtung, sondern auch für eine längere Begegnung mit zahlreichen Fotomöglichkeiten.